zurück zur Übersicht

Geschäftsführer entging dem Rauswurf knapp

SPD-Stadtrat verhalf OB zum Abstimmungssieg - Millionendeal mit Berliner Unternehmen

Artikel aus der Donaupost, 15.11.2001

Regensburg: (kass) Der Geschäftsführer der Stadtbau GmbH, Martin Daut, ist bei einer Sitzung des Aufsichtsrates dieses kommunalen Unternehmens knapp dem Hinauswurf entgangen: Der von Oberbürgermeister Hans Schaidinger massiv unterstützte Wohnungsbaumanager konnte seinen Kopf nur dank der Unterstützung des SPD-Stadtrates Kurt Schindler retten. Weil Schindler signalisierte, für einen weiteren Fünfjahresvertrag zugunsten Dauts zu stimmen, stellten die CSU-Stadträte Helga Göhring und Hans Reuter ihre anfänglichen Bedenken zurück.

Hintergrund der Kontroverse ist eine Millionensanierung im Stadtosten, deren Abwicklung Protest heraufbeschwor: Wirtschaftete das ehedem gemeinnützige Unternehmen in die Tasche privater Wohnungsbaufirmen aus Berlin? Im Umgang mit städtischen Tochtergesellschaften hat Stadtoberhaupt Schaidinger keine glückliche Hand: Erst setzten die Verwaltungsräte der Sparkasse den vom Oberbürgermeister heftig unterstützten Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Zantopp den Stuhl vor die Türe, dann gelang es einer Phalanx aus SPD-Stadträten und Arbeitnehmervertretern, im Aufsichtsrat der Stadtwerke den bei Schaidinger in Ungnade gefallenen Bern-Reinhard Hetzenecker als Geschäftsführer durchzusetzen. Und nun kann sich der Rathauschef ausgerechnet bei SPD-Mann Schindler dafür bedanken, nicht ein weiteres Mal in einer wichtigen Personalfrage gescheitert zu sein.

Anspruch auf Klarheit

Selbst des Oberbürgermeisters eigener Anhang hatte Probleme mit der Geschäftspolitik des aus Nürnberg stammenden Architekten, der erst vor fünf Jahre an die Spitze des Unternehmens berufen wurde. Aufsichtsrätin Göhring, die auch für die CSU im Stadtrat sitzt, wollte mit Unterstützung ihres Parteifreundes und Fraktionskollegen Hans Renter erreichen, dass das Thema Vertragsverlängerung vertagt werde. Der OB lehnte ab mit der Bemerkung, Martin Daut habe einen Anspruch auf eine rasche Entscheidung über seine berufliche Zukunft. Zuvor hatten die SPD angehörenden Aufsichtsräte Lothar Strehl und Fritz Melzl schweres Geschütz aufgefahren und Geschäftsführung samt Aufsichtsratvorsitzenden Schaidinger mit über einem Dutzend peinlicher Fragen konfrontiert. Zwei Berliner Unternehmen - die Stern GmbH und die Thesaurus GmbH, die angeblich eng mit der Berliner Landesbank kooperieren - hatten im Regensburger Stadtosten ein offenbar sehr einträgliches Betätigungsfeld gefunden, indem sie im Auftrag der Stadtbau GmbH für 65 Millionen Mark 800 Wohnungen sanieren sollten.

Peinlicher Pauschalvertrag

Schlussendlich wurden nur etwas mehr als 700 Mietswohnungen auf Vordermann gebracht und die vereinbarte Summe von 65 Millionen Mark ausbezahlt. Frage der SPD-Aufsichtsräte: Kann es auch sein, dass die Sanierung bloß mit 50 Millionen Mark zu Buche schlugen und nicht im notwendigen Umfang durchgeführt wurden? Eine detaillierte Antwort musste Geschäftführer Martin Daut schuldig bleiben. Begründung: Es habe sich um einen Pauschalvertrag mit den Berlinern gehandelt. Entgegen ursprünglicher Ankündigung besitzt das Unternehmen Thesaurus auch nicht das Nießbrauchrecht auf eine Dauer von 25 Jahren, sondern diese Bindungsfrist wurde auf 50 Jahre festgelegt. Ein Rückkauf nach 25 Jahren bedeutete für die Stadtbau einen tiefen Griff in die Kasse: Über 30 Millionen Mark! Das städtische Unternehmen verwaltet die Gebäudekomplexe und hat sich verpflichtet, jährlich 5,5 Millionen Mark an Mieteinnahmen an die Berliner abzutreten. Umgekehrt trägt die Stadtbau das Risiko bei etwaigen Leerständen oder unvorhersehbaren Ereignissen.

Aufsichtsrat verwundert

Im Aufsichtsrat herrschte Verwunderung darüber, dass es eine Kosten-Nutzen-Analyse zu dieser Problematik offenbar nicht gibt. Kritiker des Millionen-Deals fühlten sich bei der Sitzung am Montag nicht hinreichend informiert: Als das Geschäft auf den Weg gebracht wurde, sei man über dessen Risiken nicht vollständig aufgeklärt worden. Auch intern rumort es innerhalb des Kommunalunternehmens an der Adolf-Schmetzer-Straße: Geschäftsführer Martin Daut führt zurzeit vier Arbeitsgerichtsprozesse gegen Mitarbeiter, darunter auch ein Verfahren gegen eine leitenden Angestellten, der als Privatmann Funktionär der CSU ist. Dies mag dazu beigetragen haben, dass die CSU-Aufsichtsräte Göhring und Renter einer Vertragsverlängerung Dauts anfangs skeptisch gegenüber standen, dann aber doch noch zustimmten, weil sich SPD-Aufsichtsrat Schindler auf die Seite des Oberbürgermeisters geschlagen hatte.

Wohin führt Schindlers List?

Innerhalb der SPD-Stadtratsfraktion wird inzwischen über Konsequenzen nachgedacht. Schindler steht schon seit Jahren im innerparteilichen Kreuzfeuer, weil er bei sichtigen Entscheidungen mit OB und CSU abzustimmen pflegt. Um des lieben Friedens willen hatte SPD Chef Jochen Wahnschaffe auf eine Abstrafung verzichtet und den Vertreter der Altstadt-SPD trotz heftiger Bedenken auf Platz 13 seiner Kandidatenliste gesetzt. Diese Nominierung kann jetzt - vier Monate vor der Kommunalwahl - nicht mehr rückgängig gemacht werden.

zurück zur Übersicht