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Früherer Kämmerer fühlt sich gemobbt

Ehepaar Mörtl fürchtet um seine Wohnung

Von Claudia Böken, MZ, 17.01.2002

REGENSBURG: Sollen der ehemalige Stadtkämmerer Franz Mörtl und seine Frau aus ihrer Stadtbau-Wohnung gemobbt werden? Seit Monaten kommen potentielle Hauskäufer zur Besichtigung und versetzen vor allem die bettlägrige Ehefrau des 88-Jährigen in Aufregung.

Das Haus Proskestrasse 5 gleicht außen einem Dornröschenschloss. Jeder, der vor dem alten Gebäude stehen bleibt, bedauert dessen schlechten baulichen Zustand. Bewohnt wird es seit 39 Jahren von Franz Mörtl und seiner Frau Resi, die glaubten, dort ein lebenslanges Wohnrecht zu haben. Seit einigen Monaten aber schickt ihnen die Stadtbau GmbH immer wieder Kaufinteressenten vorbei – an einem Tag allein fünf Familien mit Kindern, so der ehemalige Kämmerer. Vor allem für die seit einem Schlaganfall pflegebedürftige 80-jährige Frau Mörtel eine unzumutbare Aufregung. „Sie zittert dann immer und weint“, sagt Stadträtin Traudl Bogner, die selbst bis vor einigen Monaten in dem Haus wohnte. Sogar wenige Tage vor und nach der Diamantenen Hochzeit des Paares sollen Leute zur Besichtigung da gewesen sein.

Mörtl wandte sich jetzt hilfesuchend an SPD-Fraktionschef Norbert Hartl, der den Fall schriftlich dem Stadtbau-Aufsichtsratsvorsitzenden Oberbürgermeister Hans Schaidinger schilderte. „So geht man mit niemandem um“, sagt Hartl zur MZ. Besonders nicht mit einem Mann wie Mörtl, der nicht nur große Verdienste um die Stadt habe, sondern während der Nazi-Zeit als Regimegegner im Zuchthaus saß und anschließend in Dachau interniert war. Dass Menschen, die so etwas durchgemacht haben, im hohen Alter noch um ihre Wohnung hangen müssen, ist für Hartl unfassbar.

Stadtbau-Chef Martin M. Daut, der sich gern als Sozialromantiker bezeichnet, wurde gestern von der MZ mit der Angelegenheit konfrontiert. Er räumte ein, dass das Haus verkauft werden soll, da die Stadtbau GmbH es nicht sanieren könne. Es gehe umeine Dimension von 500.000 Euro, da sei verständlich, dass Interessenten das Objekt auch von Innen sehen möchten. Das Wohnrecht der Mörtls sollte aber auch nach einem Verkauf vertraglich gesichert werden. Um den Mietern weitere Aufregung zu ersparen, werde er die Sache sofort stoppen, versprach er.

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